Ein freiwilliges Jahr in Peru

Inca-Kola und lila Mais

Marie Grabmann (19) aus Sainbach (Kreis Aichach-Friedberg) wurde Anfang August 2022 – zusammen mit Maja Suttner aus München – vom Bistum Augsburg in den Weltfreiwilligendienst nach Peru entsandt. In der Katholischen Sonntagszeitung schildert sie, welche Erfahrungen sie dort macht:

Nach einer fast reibungslosen,  16-stündigen Anreise Anfang September wurden wir von drei
Pfarrern am Flughafen in Lima abgeholt. Leider war mein großer Wanderrucksack in Madrid hängengeblieben und brauchte eine Woche länger, um in Huaura anzukommen. Huaura ist mein Wohnort mit knapp 35 000 Einwohnern. Er liegt etwa vier Busstunden von Lima, der Hauptstadt von Peru, entfernt. Hier wohne ich bei einer sehr herzlichen und aufgeschlossenen Familie, die sich aus Gasteltern, -schwester, -onkel, -tante, -cousinen, -nichten und einigen Hunden zusammensetzt.

Integrative Grundschule

Mein Alltag schaut ungefähr so aus: Ich stehe um zirka 6.30 Uhr auf, ziehe meine Schuluniform an und frühstücke mit der Familie. Im Anschluss sammle ich meine Gastnichten und den Nachbarjungen ein und bringe sie zur Schule. Diese liegt sowieso auf meinem Weg. Aktuell unterstütze ich in der integrativen Grundschule Santa Barbara die Klassenleiterin der 1A, indem ich viel ausschneide, einklebe, schreibe, korrigiere, singe, tanze, erkläre, tröste und kopiere. 

Kommunikations- und Matheunterricht finden jeden Tag statt, dazu ein kreatives beziehungsweise interaktives Fach wie Tanzen, Kunst, Computer oder Sport. Seit kurzem helfe ich außerdem in der zweiten Klasse im Englischunterricht, die Aussprache der Vokabeln zu üben. Nach dem Unterricht säubere ich das Klassenzimmer. Die Direktorin, das Schulpsychologen-Team und das Lehrerkollegium sind sehr freundlich und sympathisch. 

Den restlichen Tag verbringe ich mit Spanisch lernen, Backen, Volleyball, Tanzen, Karaoke, Spazierengehen, vielen Unterhaltungen und Chorproben. Seit kurzem sind wir Mitglieder im Kinder-Kirchenchor, der in der Regel zweimal in der Woche probt und einige Sonntagsmessen musikalisch umrahmt. Außerdem greife ich nicht selten sämtlichen Familienmitgliedern bei den Mathe- und Englischhausaufgaben unter die Arme.

Surfen in Lima

Das Essen hier ist sehr schmackhaft, aber meist eher reis- und hühnchenlastig. Jedoch war auch schon von Monstranzbohnen bis Meerschweinchen alles Mögliche auf dem Mittagstisch zu finden. Bisherige Ausflüge und Erlebnisse waren beispielsweise die Besichtigung einer archäologischen Ausgrabungsstätte, Baden in den heißen Quellen in Huaraz, eine Karamell-Verköstigung in Churin, ein Zoobesuch und Surfen in Lima. 

An Tauf-, Geburtstags-, und Beerdigungsfeiern durfte ich auch schon teilnehmen. Eine peruanische Party ohne Piñata – einer bunten, mit Naschereien gefüllten Figur aus Pappmaché – kommt übrigens nicht in Frage. Apropos Party: Die Peruaner haben das Tanzen im Blut, egal ob der 80-jährige Onkel oder der Neffe mit acht Jahren, jeder schwingt das Tanzbein. 

Außerdem habe ich einige peruanische Weihnachts- und Neujahrs-
traditionen kennengelernt: Hier wurden bereits am 24. Dezember um Mitternacht die Raketen gezündet. Ein guter Rutsch ins neue Jahr kann laut den Einheimischen nur mit einer gelben Unterhose, einer Haussäuberung, zwölf Weintrauben und vielen weiteren Bräuchen gelingen.

Einige kuriose Sachen gibt es hier, zum Beispiel schwarze Kloschüsseln, gelbe, extrem süße Inca-Kola und lilafarbenen Mais. In der Schule wird statt Magneten eine Art Klebe-Knete verwendet, die auf allen Oberflächen haftet.

Die Verkehrssituation ist ganz anders als in Deutschland. Motorräder mit Aufbau, sogenannte Motos, in denen bis zu zehn Personen Platz finden, sind verbreitete Fortbewegungsmittel. Außerdem existieren hier so gut wie keine Straßenschilder, geschweige denn Tempolimits. 

Allgemein geht es mir hier ausgesprochen gut und ich bin sehr dankbar, dass mir dieser Aufenthalt und die wertvollen Erfahrungen ermöglicht werden. Ich kann es nur jedem ans Herz legen: Wenn ihr die Möglichkeit dazu habt, wagt den Sprung ins kalte Wasser, man lernt wirklich fürs Leben.

Marie Grabmann

05.02.2023 - Ausland , Bistum Augsburg